18.000 Euro für eine Uhr – Hat sich Apple verzockt?
1Obwohl bereits im Vorfeld der finalen Produkt-Präsentation der Apple Watch Preise von bis zu 20.000 Dollar im Gespräch waren, brach nach dem Event und der damit einhergehenden Bekanntgabe der Preise nicht nur in sozialen Netzwerken, sondern auch auf bekannten Nachrichten-Seiten ein Sturm der Entrüstung über die teils exorbitant hohen Kosten aus.
Neben der Meinung, dass die Preisgebung eine Unverschämtheit des iPhone-Herstellers gegenüber seinen interessierten Kunden darstelle, war im allgemeinen Tenor außerdem die klare Meinung herauszuhören, dass sich Apple mit der Preisgebung der Uhr selbst ins Bein geschossen hätte, sodass die erste Smartwatch aus Cupertino wohl eher ein Ladenhüter bleiben würde.
Hoher Preis
Auch ich bin ganz klar der Meinung, dass Apple den Preis der Uhr mit 399 € für die billigste Ausführung, über 1.999 € für die Edelstahl-Variante bis hin zu 18.000 € für die mit einem Gold-Gehäuse ausgestattete Edition nicht zu niedrig angesetzt hat. Im Gegensatz zur breiten Masse bin ich mir aber dennoch sicher, dass Apple mit dieser Preisgebung ziemlich genau ins Schwarze treffen wird. Die drei dafür maßgeblichen Gründe möchte ich im folgenden Artikel nennen.
1. Das Apple-Prinzip
Ich lehne mich sicherlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass Apple die einzige Marke der Welt ist, die teilweise so treue Kunden hat, dass diese selbst das schlechteste Produkt zu einem unverhältnismäßig hohen Preis kaufen würden. Dieser Effekt trifft auch auf die Apple Watch zu – und dessen ist sich Apple durchaus bewusst. Es gibt nämlich nicht gerade wenig Kunden, die die Uhr selbst dann kaufen würden, wenn sie keinen vernünftigen Anwendungsbereich für dieselbe hätten – der Anziehungskraft der Marke sei Dank.
Neben den Kunden, die das Produkt aus Prinzip und Marken-Anhängerschaft kaufen und dabei nicht vor den hohen Preisen zurückschrecken beruht das Apple-Prinzip auf einer zweiten, wichtigen Säule: Mit all den in den letzten Jahren eingeführten Hardware- und Service-Produkten hat Apple ein umfassendes Ökosystem geschaffen, das den Anwender, sobald er sich einmal darin eingelebt hat, nicht so leicht wieder loslässt. Selbst wenn ein iPhone- und Mac-Benutzer an sich zum Beispiel die Pebble Time bevorzugen würden, würde er sich in vielen Fällen dennoch für die Apple Watch entscheiden – ist diese doch viel tiefer in die bestehende Geräte- und Service-Landschaft integriert.
Mit der bereits bestehenden, enorm großen Kundschaft verfügt Apple also über eine solide Grundlage, die den Erfolg der Smartwatch trotz der hohen Preise garantieren wird. Neben den zukünftigen Watch-Besitzern, die die Uhr aus Prinzip kaufen, wird der Einfluss dieser Käufergruppe eine wichtige Rolle zum Erfolg der Apple Watch beitragen. Alles Gründe dafür, dass sich Apple bei der Preisgebung der Uhr nicht verzockt hat.
2. Die Luxus- & Mode-Ambitionen
Beim Lesen dieser Überschrift wird der Gedanke der meisten Leser nun sicherlich in die Richtung gehen, dass besonders die mit einem Gold-Gehäuse gefertigte Apple Watch Edition Apples Ambitionen in der Luxusuhren- und Mode-Branche unterstreicht. Obwohl dieselbe trotz der im Gegensatz zu Rolex und Co. schnell alternden Technik meiner Meinung nach in direkte Konkurrenz zu den Schweizer Luxusuhren-Herstellern treten könnte, spielt für mich dennoch besonders der modische Aspekt der „normalen“ Ausführung sowie der Sport-Variante eine wichtige Rolle.
Allein schon beim Betrachten der von Apple offiziell bereitgestellten Videos zur Darstellung des Fertigungsprozesses fällt auf, dass nicht nur bei der teuersten Ausführung ein klarer Fokus auf Präzision und damit auch modischen Aspekten und individuellem Stil liegt. Indem enorm viel Wert auf eine höchstpräzise Fertigung gelegt wird, die selbst die bereits sehr feine iPhone-Herstellung übertrifft, unterstreicht Apple die Wichtigkeit des Mode-Aspektes der Uhr – würde die modische Seite der Uhr nämlich nur eine untergeordnete Rolle spielen, würde bei weitem nicht so viel Wert auf eine präzise Fertigung gelegt werden.
An dieser Stelle kommt man der auf den ersten Blick so erstaunlichen Preisgebung der Uhr und den hohen Differenzen zu den Konkurrenzprodukten auf die Schliche: Während das Design bei anderen Smartwatch-Herstellern zwar auch eine wichtige Rolle spielt, jedoch der Funktionalität untergeordnet wird, spielt dasselbe bei der Apple Watch eine ebenso bedeutende Rolle wie die Funktionalität der Uhr, was einen Vergleich zwischen der Apple Watch und anderen Smartwatches schier unmöglich macht. Bei einer Apple Watch zahlt man nämlich nicht nur für die eigentliche Smartwatch, sondern auch für ein schickes Mode-Objekt; man schlägt im Prinzip „zwei Fliegen mit einer Klappe“. Der Preis für diese Kombination aus Smartwatch und Mode-Objekt ist dementsprechend natürlich höher als der anderer Smartwatches, die man hauptsächlich aufgrund ihrer Funktionalität kauft – ein weiterer Grund dafür, dass sich Apple beim Preis der Uhr nicht verzockt hat.
3. Der Decoy-Effekt
Als letzten Aspekt möchte ich den besonders für die Preisgebung der Apple Watch Edition maßgeblichen, sogenannten „Decoy-Effekt“ nicht unerwähnt lassen, auf den ich durch einen sehr empfehlenswerten Eintrag des bekannten Bloggers Sascha Lobo aufmerksam geworden bin, in dem er eine sich wohl am besten als „umgekehrten Lockvogeleffekt“ beschreiben lassende psychologische Wirkung erklärt.
Der „umgekehrte Lockvogeleffekt“ beruht im Gegensatz zu dem klassischen Lockvogeleffekt, der Kunden durch besonders niedrige Preise in ein Geschäft lockt, auf der billiger erscheinenden Wirkung von Produkten, wenn sie direkt neben teureren zu finden sind. So wirkt beispielweise ein Fernseher für 2.999 € deutlich billiger, wenn man am Eingang des Ladengeschäfts ein von der Technik her ähnliches Exemplar für ganze 29.999 € gesehen hat, das sich vom ausgewählten Gerät lediglich in der Bildschirm-Diagonale unterscheidet.
Genau dieses, auch „Asymmetrischer Dominanzeffekt“ genannte Prinzip lässt sich ebenso auf die verschiedenen Ausführungen der Apple Watch anwenden. Eine „normale“ Apple Watch aus Edelstahl oder eine aus Aluminium gefertigte Apple Watch Sport muss unweigerlich als ein „Schnäppchen“ wirken, wenn sich der Käufer vor Augen führt, dass die Edition, die über genau die gleiche Technik wie die anderen Ausführungen verfügt, mehr als 10.000 € teurer ist. So erreicht Apple mit dem hohen Preis der Edition gleich zwei Ziele: Die Personen, die nach dem oben genannten Apple-Prinzip oder aus Luxus-Gründen die Edition trotz des hohen Preises kaufen, bescheren Apple hohe Einnahmen, diejenigen aber, welche die anderen Ausführungen kaufen, geben für diese ebenso bereitwillig Geld aus, da sie trotz ihres absolut gesehen hohen Preises im Vergleich zur Edition ja ein richtiges „Schnäppchen“ zu sein scheinen.
Die Apple Watch – ein Erfolg?
Diese drei Gründe bringen mich zu meiner Meinung, dass Apple eine geniale und durchdachte Preispolitik für die erste eigene Smartwatch gewählt hat. Für den Endnutzer mag die Smartwatch zwar unverhältnismäßig teuer erscheinen, für das Unternehmen werden die Preise jedoch keinesfalls Gewinneinbußen durch niedrigen Umsatz bedeuten, sondern hohen Gewinn durch hohe Verkäufe bei gleichzeitig hohen Gewinnmargen.
Mit all den in den letzten Jahren eingeführten Hardware- und Service-Produkten hat Apple ein umfassendes Ökosystem geschaffen, das den Anwender, sobald er sich einmal darin eingelebt hat, nicht so leicht wieder loslässt.
Das ist auch für mich ein durchaus wichtiger Aspekt, trotz den Preisen weiterhin Apple-Produkte zu verwenden. Die Apple Watch wird wahrscheinlich auch gut im System mitspielen; ob ich mir tatsächlich eine kaufe, weiß ich aber noch nicht.